Fromme Einwände gegen den Klimawandel

In einigen christlichen Kreisen zirkuliert die Meinung, der Klimawandel würde nicht stattfinden oder sei nicht von Menschen verursacht. In den USA sind es vor allem evangelikale Christen, die vor dem „climate hype“ warnen. In Deutschland redet man von „Klimahysterie“.

Die Klimawissenschaftlerin Katharine Hayhoe hat es sich zum Anliegen gemacht, den Klimawandel insbesondere ihren Mitchristen zu erklären, und wurde schon mehrfach für ihre Öffentlichkeitsarbeit ausgezeichnet. Dabei erfährt sie allerdings auch viel Opposition. Fast täglich werden ihr auf den diversen Kommunikationskanälen fromme Einwände gegen den Klimawandel zugeschickt. In einem Vortrag Mitte dieses Jahres erklärte sie, warum diese Einwände eigentlich nur Augenwischerei sind. Im Folgenden nenne ich die von Hayhoe erwähnten fünf häufigsten frommen Einwände und ihre Antwort darauf.

  1. Gott hat die Kontrolle, deshalb können wir das Klima nicht beeinflussen: Hier wird argumentiert, dass Gott die Herrschaft über die Welt und die Natur hat. Es sei arrogant zu meinen, wir Menschen können oder sollen in das eingreifen, was Gott tut. Das klingt fromm und respektvoll. Doch damit schieben wir Menschen die uns von Gott gegebene Verantwortung für die Erde von uns. In 1. Mose 1,28 heißt es: „Machet euch die Erde untertan und herrschet über die Fische im Meer und über die Vögel unter dem Himmel und über alles Getier, das auf Erden kriecht.“ Und in Psalm 115,16 steht: „Der Himmel ist der Himmel des Herrn; aber die Erde hat er den Menschenkindern gegeben.“ Gott hat uns also die Erde anvertraut und Macht über sie gegeben. Durch Missbrauch dieser Macht haben wir die Erderwärmung mit all ihren negativen Konsequenzen verursacht. Durch rechten Gebrauch dieser Macht können wir zum Wohl von Mensch und Natur handeln.

  2. Was solls - die Welt wird sowieso enden: Manche finden es sogar gut, dass das Weltende durch die Umweltzerstörung beschleunigt wird. Doch Katharine Hayhoe weist darauf hin, dass schon der Apostel Paulus die Christen in Thessaloniki davor warnte, in Erwartung des baldigen Endes untätig zu sein. Da wir nicht wissen, wann Jesus wiederkommt (1. Thess.5,1-6), könnte evtl. noch viel Zeit bis dahin vergehen, und in dieser Zeit sollen wir verantwortlich leben und Gutes tun (2. Thess.3,11-13). Hayhoe betont immer wieder, dass zum Tun des Guten Maßnahmen gegen den Klimawandel gehören, denn diese sind ein wichtiger Dienst an den Armen und Benachteiligten dieser Erde. Sie sind diejenigen, die am meisten unter Dürren und Überflutungen, Stürmen und Hitzewellen leiden. Gott wird darauf antworten, wie wir mit der Erde umgehen. In Offenbarung 11,15 steht, dass Gott diejenigen vernichten wird, die die Erde vernichten.

  3. Gott hat verheißen, dass Sommer und Winter nicht aufhören werden und dass die Erde nie wieder von einer Flut bedeckt wird: Hier wird ein Strohmann-Argument aufgebaut. Klimaforscher behaupten doch nicht, dass die Jahreszeiten aufhören werden oder dass die gesamte Erde überflutet werden wird! Der Wechsel der Jahreszeit kommt durch die Schrägstellung der Erdachse. Wenn die Erde wärmer wird, werden alle Jahreszeiten wärmer, aber den Wechsel von Jahreszeiten wird es weiterhin geben. Und die Erwärmung der Ozeane und das Schmelzen von Gletschern und Polareis wird zwar den Meeresspiegel steigen lassen, aber natürlich wird nicht alles Land überflutet. Es ist allerdings schlimm genug, dass 700 Millionen Menschen, die in Küstennähe leben, vom Steigen des Meeresspiegels betroffen sein werden.

  4. Die Naturwissenschaftler sind gottlose und liberale Atheisten, warum sollten wir auf sie hören: Hier antwortet Katharine Hayhoe mit Statistiken, die zeigen, dass ein beträchtlicher Teil der Naturwissenschaftler gläubig sind. Da ich am 14.8. auf dieses Thema eingegangen bin und in meinem Blog auch sonst immer wieder gläubige Wissenschaftler erwähne, werde ich dieses Thema hier nicht weiter ausführen.

  5. Wir beten mit der Klimahysterie die Erde an und nicht Gott: Man spricht sogar von einer „falschen Religion mit falschen Propheten“. Katharine Hayhoe wird recht oft als „falsche Prophetin“ bezeichnet. Doch auch dieses Argument ist ein Strohmann. Es gibt ja nicht nur die beiden Extreme, die Erde anzubeten, oder sie wie Dreck zu behandeln. Dazwischen gibt es viele weitere Möglichkeiten, wie man mit der Erde und der Natur umgehen kann. Man kann ihr gegenüber rücksichtsvoll sein, Maßnahmen zu ihrem Schutz ergreifen, Zerstörtes wiederherstellen und sie einfach insgesamt so behandeln, wie wir unser Zuhause behandeln. Die Erde ist uns als unser Zuhause von Gott anvertraut, und deshalb haben wir eine Verantwortung für sie. Wenn unsere natürliche Umwelt Schaden nimmt, nehmen wir auch Schaden.

Ähnliche Einwände wie die fünf genannten begegnen Katharine Hayhoe auch bei Christen außerhalb der USA. Inzwischen hat sie sich angewöhnt nachzufragen, woher Leute diese Meinungen haben. Bisher zeigte sich in jedem einzelnen Fall, dass die ursprüngliche Quelle in den USA zu finden ist, sei es ein Buch oder ein Video oder eine Mitteilung über soziale Medien. Daher geht Frau Hayhoe im zweiten Teil ihres Vortrags der Frage nach, wieso Zweifel am Klimawandel besonders unter den konservativen Christen in den USA verbreitet sind. Sie zitiert die Ergebnisse einer Umfrage (Figure 3 in diesem Artikel), bei der die Einstellung zum Klimawandel und die religiöse Zugehörigkeit abgefragt wurden.

Am wenigsten besorgt über den Klimawandel zeigten sich dabei weiße Evangelikale und weiße Katholiken. Am meisten besorgt über den Klimawandel zeigten sich hispanische Katholiken. Am katholisch-Sein können die Zweifel am Klimawandel bei den weißen Katholiken also nicht liegen, sonst würden die hispanischen Katholiken eine ähnliche Meinung vertreten wie ihre weißen Glaubensgeschwister. Außerdem hat der Papst ja in einer Enzyklika zum Schutz des Klimas aufgerufen. Hispanische Evangelikale kamen in der Umfrage nicht vor, aber schwarze Protestanten; diese waren deutlich besorgter in Bezug auf den Klimawandel als die weißen Protestanten. Es scheint also bei der Einstellung zum Klimawandel eine Korrelation mit der Hautfarbe zu geben.

Weitere Umfragen legen nahe, dass auch bei weißen Evangelikalen nicht primär der Kirchenbesuch für die Einstellung zum Klimawandel verantwortlich ist, sondern die politische Einstellung. In seinem Buch „The Scandal of the Evangelical Mind“ argumentiert Marc Noll, dass die Evangelikalen in den USA schon seit vielen Jahrzehnten ihren Glauben mit politisch konservativem Engagement vermischen. Theologische Argumente dienen im Grunde oft politischen Zielen. Eine Umfrage unter Trump-Wählern im Jahr 2017 ergab, dass nur die Hälfte von denen, die sich als evangelikal bezeichnen, jemals einen Gottesdienst besuchen.

Interessant ist auch der Zusammenhang zwischen politischer Einstellung, naturwissenschaftlicher Bildung und der Einstellung zum Klimawandel. Bei Mitgliedern der demokratischen Partei sind die naturwissenschaftlich Gebildeteren stärker vom Klimawandel überzeugt, bei den Republikanern ist es umgekehrt, s. Figure 6 in diesem Artikel. Katharine Hayhoe erklärt dies damit, dass gebildetere Leute besser in der Lage sind, diejenigen Fakten und Argumente herauszupicken, die ihre vorgefasste Meinung belegen. Es ist nicht schwer, Motive zu erkennen, warum man sich nicht mit dem Klimawandel befassen möchte: Man möchte nicht, dass die Regierung einem in das Privatleben hineinredet; man fürchtet, die Kosten für Klimamaßnahmen seien zu hoch; man möchte keine Veränderung des Lebensstils. Doch Frau Hayhoe hält dem entgegen, dass der Klimawandel riesige Schäden und damit hohe Kosten verursacht. Diese Kosten übersteigen bei weitem die Kosten für den Umstieg auf ein klimafreundliches Verhalten, das zudem noch viele positive Auswirkungen auf unsere Gesundheit, die Qualität unserer Nahrung und die Versorgung mit Trinkwasser hat.

Zum Abschluss sei noch eine Antwort zitiert, die Billy Graham im Jahr 2005 einem um den Klimawandel besorgten Jugendlichen gab. Der Jugendliche fragte: „Denken Sie, dass wir dabei sind, unsere Erde zu zerstören? Ich bin sehr besorgt über die Erderwärmung und die Umweltverschmutzung und überlege, ob ich Umweltwissenschaften studieren soll.“ Die Antwort von Billy Graham lautete:

„Ich bin natürlich kein Wissenschaftler, aber ich habe mit vielen Wissenschaftlern geredet, die deine Sorgen teilen. Ich bin dankbar für alle, die unsere Welt zu einem besseren und sichereren Ort machen. Vielleicht möchte Gott, dass du einer von ihnen wirst.

Christen sollten besonders um die Umwelt besorgt sein – und zwar weil wir wissen, dass es Gottes Welt ist und nicht unsere. Gott hat sie geschaffen, sie ist nicht zufällig da. Und Gott hat uns als Verwalter und Pfleger eingesetzt, damit wir für die Erde sorgen und sie verantwortungsvoll nutzen. Die Bibel sagt bei der Erschaffung des Menschen, dass die Menschen über alle Lebewesen herrschen sollen. Wie ein guter König für seine Untergebenen sorgt, so sollen wir für die Welt sorgen.

Warum haben wir das nicht getan? Warum behandeln wir die Welt so gleichgültig? Weil wir vergessen haben, dass es Gottes Welt ist. Wir verhalten uns so, als seien wir der Mittelpunkt des Universums. Unser Leben wird von Habgier und Egoismus geprägt, und wir kümmern uns nicht darum, was mit anderen oder mit der Welt passiert.

Was wir am meisten brauchen, ist eine Veränderung unseres Herzens von innen – und das geschieht, wenn wir unser Leben Christus ausliefern. Wenn du das noch nicht getan hast, so liefere ihm jetzt dein Leben aus und bitte ihn, in dein Herz zu kommen. Und dann bitte ihn, dass er dich bei deinen Entscheidungen über deine Zukunft leitet. Gott liebt dich, und die größte Freude besteht darin, ihn zu kennen und zu seiner Ehre zu leben.“

Hinweis: Der Vortrag von Katharine Hayhoe, auf dem dieser Blogbeitrag beruht, ist Teil einer Serie von drei Vorträgen, die auf der Webseite von A Rocha zu finden sind. In einem früheren Blogbeitrag habe ich Belege für den Klimawandel vorgestellt, basierend auf einem Buch von Katharine Hayhoe.

Eine Liste aller bisherigen Blogeinträge finden Sie hier.


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