Der Schmuggler Gottes

Immer wieder lese oder höre ich die Auffassung, dass Gott nicht in der Welt handeln kann und nicht unsere Gebete erhören kann, da die Naturgesetze ja festlegen, was passiert. Hierzu möchte ich in künftigen Blogbeiträgen noch einiges sagen, denn wer solche Aussagen macht, versteht die Gesetze der Physik m.E. falsch. Doch heute möchte ich ganz empirisch an diese Frage herangehen: Es gibt viele glaubwürdige Berichte über Gebetserhörungen und Erfahrungen von Gottes Handeln. Allein dadurch ist obige Auffassung in meinen Augen schon widerlegt. Solche Erfahrungsberichte von Christen waren für mich vor vielen Jahren ein wichtiger Anlass, selbst den Glauben zu wagen, und auch heute noch sind sie für mich eine beständige Quelle der Ermutigung. Ein Buch, das mich im vergangen Jahr besonders angesprochen hat, ist „Der Schmuggler Gottes“. Dieses Buch erzählt die Geschichte von „Bruder Andrew“, der während der Zeit des kalten Krieges viele Reisen hinter den Eisernen Vorhang unternahm, um die Christen in den kommunistischen Ländern zu ermutigen und ihnen Bibeln zu bringen. Diese Bibeln musste er natürlich illegal über die Grenzen schmuggeln, unter der Gefahr, gefangengesetzt oder gar umgebracht zu werden. Sein voller Name, Anne van der Bijl, durfte damals nicht bekannt gemacht werden, da er sonst nicht mehr in diese Länder hätte einreisen dürfen, insbesondere nicht nach dem Erscheinen seines Buchs im Jahr 1967. Deshalb wurde er immer nur „Bruder Andrew“ genannt. Nach dem Zusammenbruch des Kommunismus in Europa verlegte er den Schwerpunkt seines Engagements in die islamischen Länder. Aus seiner Arbeit für die verfolgten Christen ging die Organisation „Open Doors“ hervor, die mindestens einmal im Jahr in den Medien erwähnt wird, nämlich dann wenn sie den neuen Weltverfolgungsindex mit der Liste der 50 Länder mit der stärksten Christenverfolgung herausgibt.

Bruder Andrew war schon immer ein Abenteurer gewesen. Als Teenager leistete er gegen die deutschen Besatzer in seiner holländischen Heimat Widerstand, indem er ihnen Zucker in den Benzintank kippte und Knallkörper explodieren ließ. Mit 17 meldete er sich für die Armee, um die indonesische Befreiungsbestrebungen gegen die Kolonialmacht Holland zu bekämpfen. Geplagt von der Erinnerung an die Gräueltaten, an denen er sich beteiligt hatte, und mit einem durchschossenen Fußknöchel, der ihn nur noch unter Schmerzen und humpelnd laufen ließ, kehrte er nach Holland zurück. Freunde halfen ihm, den Weg zum christlichen Glauben zu finden. Er arbeitete zunächst in einer Schokoladenfabrik und erlebte dort, dass andere durch ihn zum Glauben kamen. Dann ging er für eine zweijährige Ausbildung zum Missionar nach Glasgow zum Missionary Training College der Organisation WEC. Zunächst zögerte er, diesen Schritt zu tun, nicht zuletzt weil er ungebildet und lahm war. Doch als er beschloss, seine Einwände loszulassen und Gott zu vertrauen, heilte sein Knöchel innerhalb kurzer Zeit. Da er aus einer sehr armen Familie kam, hatte er kein Geld für die Ausbildung und war darauf angewiesen, dass Gott ihn durch Spenden versorgt. Gemäß den Prinzipien des WEC erwähnte er niemandem gegenüber seine finanziellen Bedürfnisse, sondern verließ sich darauf, dass Gott ihm zur rechten Zeit das Nötige zukommen lässt. Und so erlebte er, wie immer das nötige Geld kam, wenn auch oft in letzter Minute. Später auf seinen vielen Fahrten hinter den Eisernen Vorhang war es genauso. Das Geld für die Fahrt kam immer in der richtigen Höhe. Als einmal besonders viel kam, nahm er auf Drängen seiner Frau das Geld mit, wunderte sich aber, wieso. Doch als er auf der Fahrt nach Bulgarien aus Jugoslawien ausgewiesen wurde und einen langen Umweg über Griechenland und die Türkei machen musste, wurde klar, wofür das Geld nötig war.

Seine Lebensaufgabe, die Christen hinter dem eisernen Vorhang zu unterstützen, entdeckte er, als er sich einer kommunistischen Jugendfahrt zu einem Festival in Warschau anschloss und dort, wenn immer es möglich war, die Gruppe allein ließ, um sich auf die Suche nach den Christen zu machen. Auf ähnliche Weise konnte er seinen ersten Besuch in der Tschechoslowakei machen. Die Freude der Christen darüber, dass sie im Westen nicht vergessen sind, war groß, und in der Tschechoslowakei gab es auch einen großen Bedarf an Bibeln. Es ist für uns kaum vorstellbar, dass es damals im Ostblock viele Kirchen gab, in denen nur ganz wenige Gemeindeglieder eine Bibel hatten. Manchmal hatte noch nicht einmal der Pastor eine Bibel. In vielen kommunistischen Ländern wurde die Bibel als subversive Schrift angesehen, und der Import war strengstens verboten. Das Schmuggeln im großen Stil begann, als ihm ein Auto geschenkt wurde. Schon vorher hatte eine christliche Gebetsgruppe in Holland ihn gedrängt, den Führerschein zu machen. Als Bruder Andrew nicht einsah, wieso, gab der Leiter dieser Gruppe ihm kurzerhand selbst Fahrstunden, ebenfalls ohne zu wissen, warum er sich von Gott dazu gedrängt fühlte. Mit dem Autogeschenk wurde der Grund dann klar.

Doch wie kommt man mit einem Auto voller Bibeln durch die Grenzkontrolle? Selbst wenn die Bibeln so gut wie möglich versteckt sind, findet ein erfahrener Kontrolleur sie natürlich. Doch sie wurden nie gefunden. Bruder Andrew betete intensiv an der Grenze, dass Gott den Kontrolleuren die Augen verschließen möge, damit sie die Bibeln nicht finden. Bruder Andrew dachte dabei daran, dass Jesus den Blinden die Augen geöffnet hat, und traute ihm zu, dass er es diesmal umgekehrt machen könne… Und dieses Wunder geschah immer wieder. Selbst an der Grenze zu Rumänien, wo die fünf Autos vor ihm jeweils mindestens 30 Minuten lang gefilzt wurden, geschah ihm nichts. Er wurde dort sogar einfach durchgewunken, ohne dass man sein Auto überhaupt inspizierte. Im Rückspiegel sah er, dass der Fahrer des nächsten Autos aussteigen musste, damit das Auto durchsucht werden konnte. Bei dieser und manch anderer Grenzüberquerung lagen sogar ein paar Bibeln offen sichtbar auf dem Beifahrersitz herum, doch sie wurden nicht wahrgenommen. Doch nicht nur die Grenzüberquerung, sondern auch das Umpacken der Bibeln aus ihren Verstecken war gefährlich. Man wollte dabei ja nicht von einem Polizisten oder Soldaten erwischt werden. Einmal hatten Bruder Andrew und sein Begleiter einfach keine Gelegenheit, vor der Fahrt aus Moskau zu einem vereinbarten Übergabeort in der Nähe der Stadt die Bibeln ungesehen in Kisten umzupacken. Da wurden sie auf der Fahrt von einem so starken Wolkenbruch überrascht, dass sie eine halbe Stunde im dichten Regen standen, wo niemand in das Innere des Autos sehen konnte, und sie konnten die Bibeln gerade noch rechtzeitig ungesehen umpacken.

Dass das Auto fast 200000 Kilometer fuhr, bis es zum ersten Mal zusammenbrach, trotz vieler staubiger Straßen in schlechtem Zustand, glich ebenfalls einem Wunder. Einmal wurde Bruder Andrew in Jugoslawien von einem entgegenkommenden Fahrzeug angehalten. Der Fahrer war KFZ-Mechaniker und hatte von dem „Wunder-Auto“ gehört, das tausende von Kilometern ohne Wartung auf den staubigen Straßen fährt. Als der Mechaniker den Motor ansah, meinte er, der Motor dürfe in diesem Zustand eigentlich nicht funktionieren. Er nahm ihn auseinander, reinigte ihn und wechselte das Öl. Als das Auto dann ein paar Jahre später tatsächlich zusammenbrach, war Bruder Andrew ausgerechnet auf der Fahrt durch Westdeutschland, wo das Auto, ein VW-Käfer, hergestellt war. An der Werkstatt, zu der man ihn abschleppte, konnte der Motor innerhalb weniger Stunden ausgetauscht werden. Während dieser Zeit musste Bruder Andrew das Geld für den neuen Motor auftreiben. Als er alles Geld, das er dabei hatte, in D-Mark umgetauscht hatte, fehlten noch 50 Mark. Als er zur Werkstatt zurückkam, erzählten ihm die beiden mit ihm reisenden (und ebenso mittellosen) Studenten, dass eben eine Frau ihnen 50 Mark in die Hand gedrückt hätte, weil Gott ihr gezeigt habe, dass sie das tun soll….

Doch am meisten beeindruckten mich die göttlich gefügten Begegnungen in den Ländern, die Bruder Andrew bereiste. Jemand hatte ihm eine Kontaktadresse in Jugoslawien gegeben. Während er sich um ein Visum bemühte, schrieb er einen Brief dorthin, um anzukündigen, dass jemand aus Holland zu Besuch kommen würde. Der Empfänger, der in dem Buch Jamil genannt wird, wohnte aber nicht mehr dort, und der Brief erreichte ihn erste mit einigen Wochen Verzögerung – genau an dem Tag, an dem Bruder Andrew über die Grenze fuhr. Jamil beschloss, zu seiner alten Wohnung zu fahren. Gerade in dem Moment, wo er die Wohnung erreicht, fährt das holländische Auto dort vor.

In Moskau besuchte Bruder Andrew mit seinem mitreisenden Freund eine große Kirche und betete, dass Gott ihm die Personen zeigen möge, denen er Bibeln geben soll. Ihm und seinem Begleiter wird deutlich, dass sie einen bestimmten Mann ansprechen sollen. Es stellt sich heraus, dass dieser Mann aus Sibirien angereist war, weil er dort in einem Traum gesagt bekam, dass er in Moskau eine Bibel bekommen würde… Ein anderes Mal hatte Bruder Andrew zwar eine Adresse von einer Kontaktperson, aber keine Ahnung, wie er diese Adresse finden soll. Nach der Person zu fragen, wäre für diese Person viel zu gefährlich. Da entdeckt Bruder Andrew, dass auf der Übersichtskarte mit den Hauptstraßen, die an der Theke seines Hotels lag, eine einzige kleine Straße ebenfalls mit Namen versehen war: das war genau die Straße, die er suchte. Als er dort ankam und überlegte, wie er ohne aufzufallen die Wohnung der Person finden könne, kam gerade die gesuchte Person von der anderen Seite. Ohne Worte erkannten sie einander als Christen, und Bruder Andrew ging gemeinsam mit ihm in seine Wohnung. Erst dort begannen sie, miteinander zu reden.

So, jetzt hab ich genug aus diesem Buch erzählt. Ich hoffe, dass der eine oder die andere dadurch animiert wird, das Buch selbst zu lesen, denn natürlich habe ich vieles aus diesem Buch noch gar nicht verraten. Wem diese Geschichten unglaubwürdig vorkommen, dem kann ich versichern, dass solche Erfahrungen mit Gott auch in vielen anderen Biographien zu finden sind. Das Buch ist in einem sehr sympathischen Stil geschrieben, bei dem Bruder Andrew überhaupt nicht als Held dargestellt wird. Es wird offen über seine Schwächen und Fehler berichtet. Möge dieses Buch uns allen Mut machen, mit Gott im Alltag zu rechnen!

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